Der Begriff der „Relevanz“ im Content Design4 min Lesezeit

Eine wichtige Frage spaltet das Internet, trennt die Spreu vom Weizen: Was ist wirklich wichtig? Während diese Frage eine tiefere sinnsuchende Komponente enthält, deren Beantwortung wir lieber anderen überlassen (etwa dem FAQ Bregenzerwald), geht es uns doch nur um das eine, Pardon, um diese zwei: Findet der Suchende, was er sucht? Braucht die Lesende, was sie liest? Somit beschäftigen wir uns im Kontext des „Content Design“1 mit dem Begriff der Relevanz.

Relevanz kommt von lat. relevāre ‘in die Höhe heben’. Im Französischen der Ballettsprache bedeutet Relevé das Heben auf die Fußspitze/halbe Spitze. Etwas, das relevant ist, matters auf Englisch, was Bedeutung haben bedeutet, aber auch Materie, Gegenstand. Ein eleganter Gedanke: Wir heben Materie in Höhen.

Was relevant ist, wird gehoben.

Relevanz ist nun also die Bedeutsamkeit, die Wichtigkeit, die Signifikanz einer Sache in einem bestimmten Zusammenhang. Im Vergleich mit dem selteneren Begriff der Importanz, der eher eine messbare Größe beschreibt, hat die Relevanz eine stärker qualitative Komponente. Was bedeutet das? Ob wir eine Sache als wichtig erachten, können wir leichter nach A, B, C oder 1–2–3 abstufen. Zu beantworten, ob etwas relevant für uns ist, ist bereits bedeutend komplexer.

Nun werden Sie zurecht rufen: Das kommt darauf an! Denn die Einschätzungen kommen in einer schönen semantischen Triade daher:

Etwas ist (nicht) wichtig für jemanden/etwas.

Wir brauchen also ein Ding (einen Text, Content, ein Argument), das wichtig/nicht wichtig für eine Person/eine Situation (einen Leser, eine Frage) ist. Wir intensivieren noch einen Schritt:

Etwas ist (nicht) relevant für jemanden/etwas, um eine Frage zu beantworten/ein Problem zu lösen.

Dieses Etwas bewerten wir nach der Grundlage, ob es uns beim Lösen eines Problems oder zumindest beim Beantworten einer Frage hilft. Auf dieser Basis können wir den Grad der Relevanz bestimmen: Relevanz ist gegeben, wenn das Etwas einen Zweck erfüllt, wenn es eine Absicht unterstützt.

Der erste Versuch einer Definition im Kontext des Content Design:

Relevanz bestimmt den Grad der Übereinstimmung des Contents mit der Absicht der/des Suchenden.

Soweit die Theorie. Warum ist das Konzept der Relevanz für Content Design so wichtig, ja, relevant?

Relevanz von Content

Für die Leserin hat Ihr Content (Ihre Texte, Bilder, Videos, Audio) bestimmte Relevanz in Bezug auf die gestellte Frage. Content, der die Fragen der Leserin beantworten kann oder ihr beim Lösen einer Aufgabe hilft, ist höchst relevant. Content, der sie ablenkt, ist es nicht. Es ist eine Herausforderung, relevanten Content zu erstellen, zu „designen“ und richtig zu platzieren:

  • Der Content soll die Fragen und Aufgaben der Leserin vorweg- bzw. schon darauf Bezug nehmen.
  • Der Content muss so aufbereitet sein, dass er eine Verbindung zu den Fragen der Leserin ermöglicht. (> innere Verfügbarkeit)
  • Der Content muss auch mitbedenken, was er nicht bespricht, wofür er nicht relevant ist. (> innere und äußere Abgrenzung)
  • Der Content muss in Systeme eingebettet sein, dass er grundsätzlich gefunden werden kann. (> äußere Verfügbarkeit, Crawlen und Indexieren durch Suchmaschinen.)

Relevanz von Suchergebnissen

Im Web und im Digitalen bekommt der Begriff der Relevanz im Kontext der Suche eine weitere Bedeutung: Suchergebnisse werden nach Relevanz gereiht. Das ist eine Wissenschaft, ein Millionengeschäft, das ist Google! Die Relevanz betrifft aber auch andere Suchmaschinen, übergreifende Enterprise Search und Suchen in einzelnen Anwendungen gleichermaßen. Relevanz kann hier bedeuten, einerseits Kund/innenbedürfnisse zufriedenzustellen (ihre Fragen zu beantworten), andererseits in weiterer Folge Umsatz zu generieren und Aha-Erlebnisse über die Suchanfrage hinaus zu liefern. (Es ist ein toller Gedanke, dass über das Design von Suchergebnissen nicht nur die Fragen beantwortet werden, die gestellt wurden, sondern noch weitere Fragen, an die man noch gar nicht gedacht hat.)2

Relevance Engineers, die sich mit der Konfiguration der Suchmaschinen (der PageRank-Algorithmus bei Google, die individuellen Definitionen in der Enterprise Search) beschäftigen, stellen diese Fragen:

  • Wer sucht hier, mit welchem Vorwissen, mit welchem Hintergrund?
  • Welche Frage soll beantwortet, welches Problem soll gelöst werden?
  • Welche Stichwörter (Lemmata) verwendet der Suchende bei seiner Anfrage? Was meint er damit?
  • Wie werden die Suchergebnisse mit diesen Wörtern am besten in Verbindung gebracht?
  • Wie kann dem Suchenden rückgemeldet werden, wie seine Suche interpretiert wurde, damit er seine Anfrage noch verfeinern kann?
  • Wie können Filter eingesetzt werden, um die Ergebnisse noch weiter einzuschränken?

Im Unternehmenskontext arbeitet der Relevance Engineer dabei eng mit Content Designern zusammen: Content Designer kennen die Bedürfnisse der Suchenden, der Engineer übersetzt die Anforderungen in das Design der Suchmaschine.

Screenshot: Wenn Google versteht, was ich meine.

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BildquellenBruno Horwath und Alexander Andrews auf Unsplash

  1. Content-Design oder Content Design? Ich tendiere deutschgrammatikalisch zu Ersterem, obwohl sich der englischsprachige zweite Ausdruck derzeit im Netz eher durchzusetzen scheint.
  2. Siehe: Doug Turnbull, John Berryman: Relevant Search. Manning, 2016.

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